Stil made in Germany – warum Deutschland zum Liebling der Modewelt avanciert

Nach wie vor ist Deutschland wohl kein klassisches Modeland. Doch mit einem Mix aus etablierten Designern, erfolgreichen Marken, jungen Talenten und Berlin als kreativem Epizentrum gewinnt es als Modestandort immer mehr an Bedeutung.

Das Selbstbewusstsein der Szene wächst stetig und die Geschichte der Mode made in Germany entwickelt sich zu einer echten Erfolgsstory. Messen wie die Bread & Butter und die Premium ziehen mittlerweile internationales Publikum an, Labels wie Lala Berlin, Kaviar Gauche und Firma stehen für den Aufbruch in die Zukunft des „German Fashion Design“. In Paris oder Mailand ist es für die jüngeren Label oft schwer, neben den vielen etablierten Designern wahrgenommen zu werden. In Berlin sind sie die Stars und stehen mit ihren Arbeiten im Rampenlicht. Davon profitiert die deutsche Modeszene insgesamt, da man in Frankreich oder Italien sehr genau mitbekommt, wie viel geballte Kreativität von Berlin ausgeht.

Milla Jovovich Fashion Week Berlin

Milla Jovovich - Berlin Fashion Week (Bild von Shutterstock)

Deutsche Mode setzt auf Individualität, Ausdruck und Charakter, ist mal witzig, mal elegant. Deutsche Designer machen im Ausland Karriere, deutsche Labels überzeugen mit Qualität, und der Berlin-Look zieht Trendscouts magnetisch an. „Die Deutschen haben Spaß an der Mode“ sagt Christopher Bailey. Der Brite kann es beurteilen. Als Chefdesigner von Burberry ist er einer der Besten seines Fachs, zudem kennt er Deutschland gut, da er viele Jahre in München und Trier gelebt hat. Doch die Deutschen haben nicht nur Freude an der Mode, sie entwerfen sie auch mit großer Kompetenz. Zur international ersten Liga gehören der für mich genialste Modeschöpfer überhaupt, Karl Lagerfeld, der sich neben seiner eigenen Marke auch für Chanel und Fendi verantwortlich zeichnet, Jil Sander, Tomas Mair (Bottega Venetta) und Wolfgang Joop (Wunderkind). Zudem arbeiten deutsche Modedesigner in fast allen internationalen Modeunternehmen, oft in Führungspositionen, und prägen so die Mode in Paris, London und New York entscheidend mit.

Wirtschaftlich gesehen ist die deutsche Mode längst eine Erfolgsgeschichte. Die Textil- und Bekleidungsindustrie verzeichnet heute einen Umsatz von 20 Milliarden Euro im Jahr, die Exportquote liegt bei über 40 Prozent, Marken wie Hugo Boss haben Shops in der ganzen Welt. Doch nicht nur der Name Hugo Boss hat im Ausland einen guten Ruf. Deutsche Mode insgesamt ist beliebt wie nie zuvor, bei Russen, Amerikanern und Asiaten. Und manchmal darf es beim Shoppen auch ein bisschen mehr sein: der ganze Modekonzern zum Beispiel. Hugo Boss und Jil Sander, Basler und Street One – sie alle gehören mittlerweile ausländischen Private-Equity-Gesellschaften.

Auch die nationale und internationale Promi-Rige hat schon lange das Potenzial deutscher Designer-Labels für sich entdeckt. Hollywoodstar Jessica Alba liebt das Münchener Label Rena Lange, die Schauspielerin Heike Makatsch gibt sich patriotisch und zeigt sich bevorzugt in deutschen Labels wie Lala Berlin oder Kaviar Gauche. Auf eine Fangemeinde unterschiedlichster Frauentypen kann Dorothee Schumacher verweisen. Mit ihrer Mode begeisterte sie zum Beispiel das puerto-ricanische Model Joan Smalls, das britische Model Lily Cole aber auch deutsche Promi-Ladys wie Bettina Zimmermann.

Frischen Wind in die Szene bringen zusätzlich noch die Modeblogs, deren Relevanz und Aussagekraft stetig steigt. Hochaktiv, reaktionsschnell und oft unkonventionell präsentieren deutsche Blogs wie unter anderem Journelles, Modepilot, Stilinberlin oder Styleclicker Trends und Themen. Eine ständig anwachsende Anhängerschaft bezeugt ihre Popularität.

Sie sind für mich der wohl beste Beweis dafür, dass Deutschland nicht zum Größten Teil von  Tennissocken in Sandalen tragenden Menschen mit Vokuhila-Frisur bevölkert wird, sondern sich hier eine sehr individuelle und selbstbewusste Modeszene etabliert hat.